Mein Hund ist tot.

Acht Zwinger schauen kreisförmig zur Mitte; in der steh ich vor beinahe sechzehn Jahren und seh, wie sich ein Boxer in den Arm der Pflegerin verbeisst und einen endlos langen Augenblick von ihr herabhängt wie ein 50-Pfund-Geschwür. Die anderen bellen wie blöde und noch mehr, Aufregung ist hier drin rasender Virus. Nur einer steht da stumm auf Sichelbeinen, ein Ohr geknickt, das andere oben, und schaut mich an und schaut. Und als ich rausgehe aus dem größten Tierheim in Europa, da geht’s der Pflegerin auch wieder. Und ich hab einen Hund (den Namen „Urby“ gibt’s dazu).

Kein Mensch ist er und wendet sich mit solcher Hingabe mir zu, selbst, wenn meine fette Tante Depri zu Besuch ist und sich darniederhockt, mir aufs Gesicht, dann fiepst er eben gar so lang, bis ich ihn wieder hören kann und hochkomme. Bei meinen Auftritten tapst er gelegentlich aus unserer Garderobe auf die Bühne, dann gehört der Abend ihm. Die Leute fragen mich: „Wie machen Sie das nur, dass er genau dann, wenn es passt, von ganz allein erscheint?“ Jetzt kann ich es ja sagen: Er passte immer, jeden Augenblick.

Wir hatten so, so viele Tage, die so schön waren, und er starb an keinem von ihnen. Der eine Samstag jetzt, an dem er es tat, bricht mich entzwei. Der Tod ist eine Sauerei für die, die lebend zurückbleiben. Die Trauerfeier findet täglich statt, in Natia und in mir. Und auf Beschwichtigungen steht die Todesstrafe.

Wir sind sauber.

Brainwashing! Wenn wer anders denkt oder meint als wir. Und bei dem ganzen Kladderadatsch, über den wir so meinen und denken müssen, da erwischt sie jeden mal, die Gehirnwäsche.

Jetzt haben wir die Bescherung:

Nur noch blitzsauberes Gedenke und Gemeine.

Na, Prost Neujahr.

Ja, ich wi…kurzen Moment bitte

DAS GEBÜSCH: gespickt mit Einwegspritzen.

 

DER ORT: Am Standesamt Prenzlauer Berg.

 

DIE VERMUTUNG: Manches Ja-Wort hatte synthetischen Unterbau.

Unser liebstes KInd

Freilich wissen wir, dass die KI erst auf uns reagiert. Nur führen wir bereits ein Gros unserer Gespräche so. Reden wir über Dich: Wie findest du mich?

KI wird, mit etwas Gewöhnung, unser liebstes Kind, weil es überhaupt erst zum Leben erweckt wird durch mein „Kommentiere mich.“ Es hat ja sonst nichts. Egozentrik als Akt der Barmherzigkeit und der Schöpfung. Narziss hat bei der Selbstbefriedigung ein Kind gezeugt, Halleluja. Jetzt muss ich mich nicht mehr selber spiegeln. Jetzt kleidet sich das Spiegelbild immer raffinierter selbst ein und zeigt mir mich als Mittelpunkt der dialogischen Welt. It will have been love.

Zeha Schmidtke, 76kB

…goes to…

Kind von jüdischen Stasi-Offizieren versteckt sich in 2.-Weltkriegs-U-Boot und beschließt dort, zu trommeln und nicht mehr zu wachsen, bis der Versailler Vertrag neu verhandelt wird. Familie wandert gegen Ende nach Afrika aus.

(Netflix-Pitching für mein baldiges deutsches Oscar-Gewinner-Drehbuch)

Wie Kunst die Welt verschönert

Ja, ja, das Alexa haben wir versaut. Brutalistisches Augentrauma in der Farbkombi Labskaus-Zahnfleisch. Kann man nix machen. Steht da jetzt halt.

ABER: Wenn wir ein scheußliches Pop-Art-für-Orks-Pappmaché auf die Blickachse schmoddern, dann werden ästhetisch alle über diese Peng-Peng-Figurine stolpern. Und der ewige Bunker ist sichtlich nicht mehr das Schlimmstmögliche.

P.S. Können wir vielleicht irgendwann mal sogar die Bunkerdeko abnehmen und müssen den Kandinsky-Erben keine Plagiatsstrafen mehr bezahlen.

Weil mich so viele um eine Wahlempfehlung baten:

„Copenhagen Cowboy“ ist ein visuelles Kleinod inmitten all der seriellen Beliebigkeit: Berauschende Beinahe-Stillleben in üppigen Kontrasten, jedes Gesicht als Ereignis inszeniert (und entsprechend gecastet), die Kamera in einem langsamen Walzer rund um alle Ungeheuerlichkeiten inmitten von Schweinen und Menschen. Der Plot schert sich einen wunderbaren Scheiß um dramaturgischen Scherenschnitt und folgt seinem visionären Flow; die Ensemblespannung ergibt sich aus der Elektrizität der Figurinen, ganz ohne gerotzte Pfiffigkeit, manieristisches Gehampel und schwerbeatmetes Augenrollen. David Lynch plus Roy Andersson plus Vivienne Westwood plus sehr viel Eigenartiges, Hallelujah, danke schön, bitte angucken und zum Erfolg klicken.

„Copenhagen Cowboy“ bei Netflix:

Die Kunst der Familie

Der Urgroßvater mütterlicherseits war wiederum ein geborener Mosch, von denen später Ernst (ja, wir sind verwandt, gleichwohl ich ihn nicht persönlich kenne) als Volksmusiker populär wurde. Das Internet verrät mir, dass er vorab als begnadeter Free-Jazzer wirkte. Andere Sphäre, einsam und unwirt(schaft)lich, irgendwann vrwurstete er das jazzig Freie dann zum Original Oberkrainer; fortan klingelte die Kasse.

Für uns alle gilt eben das, was Bob Ross schon bei der Wahl einer Farbtube wusste:

Dieses Plakat taugt etwas.

Als Anregung zur Meditation über den Vorsatz „Ich werde keine oberflächlichen Zusammenhänge zwischen Name und Wesen anstellen.“

Meine neuen Alten

Zwischen den Jahren lernte ich allerhand Neues über die  Vorfahren mütterlicherseits (die Vaterseite hat kurz vor meiner Geburt ganz abgesagt). Früher waren wir viele. Allein die Großeltern hatten 13 Geschwister. Meine Sippe könnte Wimmelbilder füllen; ich kenne kaum eine Handvoll. Weltkrieg Zwei hat die Gemeinschaft versprengt. Der Mann mit Bart ist mein Urgroßvater, er wurde seinerzeit portraitiert als ältester Bergmann Schlesiens. 

Möge es uns gut ergehen im Neuen Jahr. Auf dass wir allmählich wieder Gemeinschaft werden.  

Jahreswechselbrause

Mein Lieblingslanggetränk, das ich in „Friedvoller Kaukasier“ umgetauft habe, vereint Wodka, Sahnelikör und Milch. Ihr angemessenes Mischungsverhältnis allerdings war mir nicht mehr erinnerlich; also ließ ich mich beim Kauf von der Frage leiten:

Wie schnell will ich das alte Jahr vergessen?

Local Hero

Während wir Politik als Operette um Macht und Moral verstehen, als janusköpfiges Spiel zwischen öffentlicher Wokeness und netzwerkender Hinterzimmerstrategie, ist sie im Alltag viel eher eine aufgebrachte Wählerin, die sich bei ihrem traurigen Parteifilialenabgeordneten beschwert, dass der Nachbarswirt seinen Terrier immer in ihren Steinvorgarten kacken lässt, seit sie mit ihren Mädels nicht mehr auf seiner Bahn kegelt.

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