Lieber Mitmensch,

Wanderlust ist meine Antwort.

Wenn die Frage gelautet hätte: Welcher Antrieb, glauben Sie, bleibt dem Menschen durch alle Alter erhalten?

Womöglich hätte ich kurz vermerkt: Ja, Mensch, als Sie gerade brüllend auf mich zuliefen, mit Ihrem Medusenhaupt und der brennenden Keule, war ich für einen kurzen Moment unsicher, ob Sie mich nicht duzen.

Um denn zu präzisieren, dass mir die Wanderlust nun nicht strikt fürs organisiert betriebene Flanieren in naturbelassenen Arealen steht, vielmehr für die Freude des Gemüts, sich aufs Immerneue Immerneues zu suchen, ohne dass das Alte, Bekannte, Geliebte dadurch nicht auch an Wert gewönne.

Wenn also im Basiscamp des Alltags die Farben verblassen: Wacker einen Schluck vom Quellwasser der Neugier und denn forschen Schrittes ab auf die spirituelle Piste. So lang, wie es dauert und ich wieder nach Hause mag oder eins find.

Wanderlust bleibt mir erhalten. Und wenn es denn mal gut sein wird und sie erlischt, denn kann ich mich müd, aber getrost ins Kistlein legen, zu Humus werden, und über das satte Grün läuft dann der nächste Wanderlustige.

Auch wenn so mancher liebenswerte Mitmensch andersrum hantiert mit diesem Funken Aufbruch und ihn wohl eher wässert als befeuert: Wanderlust heißt meine Muse. Mal schauen, wohin sie mich noch trägt.

In diesem Sinne spiele ich den letzten Auftritt im geliebten O-TonArt. Für dieses Jahr, für dieses Leben oder nur für kurz…wir haben uns lieb, das Theaterchen und ich, und wir schauen mal.

Mein liebster Bühnenwandervogel Anja Schöler, zWEIBeiner der Zweibeiner, schaut auch vorbei und macht die eine und auch andere Szene. Mit. Es wird ein Fest. Und später schauen auch wir vierbeinig, wohin uns das noch führen mag.

„Nur wenn ich lache“. Bühnensolo mit Duogast. Fr, 16.11.18, 19.30 Uhr, Theater O-TonArt, Kulmer Str. 20A, 10783 Berlin. Karten unter 030 – 37 44 78 12.

„Lob des Unterschieds“. Jüdin, Moslem, Christ und Humanist parlieren über ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Donnerstag, 29. 11.18., 19.30 Uhr in Neuruppin. Eintritt frei. Alles Weitere in Bälde auf der Website: http://lob-des-unterschieds.de/

Dein Zeha Schmidtke

„Hinreißend, von vitalem Wahn erleuchtet.“ – „Träume von den möglichen Freuden dieser Welt.“ – „Sprengt die Grenzen des gewohnten Kabaretts, und das äußerst unterhaltsam.“

All das schrieb man bereits über Zeha Schmidtke. Er selbst hat keine Ahnung und wundert sich bloß. Dass wir meinen, recht helle zu sein, nur weil da neuerdings die trübe Funzel unseres Displays die Finsternis erhellt.

Als wären der Mensch und seine Taten bei Licht besehen konstant. Die fickrigen Karnickel auf Youporn kommen immer. Der Großflughafen Berlin kommt nie. Das sind alles wir. It is all human.

Allein beim Lesen diesen Textes sterben in Dir alte Zellen ab und bilden sich neue. So auch Hoffnungen, Meinungen, Stimmungen.

Wenn dann noch wer dazukommt, ist erst recht was los. Einer reibt sich am anderen. Der andere reibt zurück. Und Jeder und Jede ist so frei, nach eigenem Gusto mitzutun.

Nur – frei von was? Freiheit ist ja Möglichkeit, kein Inhalt. Wenn einer also frei und doof ist, wird er seine Freiheit womöglich doofestmöglich nutzen: Damit, die der anderen zu begrenzen.

Weil: Wir sind ja eigentlich ganz vernünftig. Die Welt und wir, da ginge was. Wenn nur der andere nicht wär, vermaledeit. Der kann doch gar nicht damit umgehen, wenn man ihm die Wahl lässt.

Denn der Andere, diese Arschgeige, die Bad Bank menschlicher Charakterzüge, das ist man niemals selbst. Sonst hieß er ja der Selbe.

So pfeifen es die Pfeifen von den Dächern, krakeelen es die Übelkrähen von ihren Bühnen, steht es geschrieben in der Doofipedia der Welt.

Kann man nur hoffen und, so weit es irgend geht, vorsorgen, dass die freien doofen Radikalen nie die Übermacht ergreifen.
Denn es hat entweder ähnliche Chancen für uns alle ohne andere. Oder es herrscht auf Dauer eine Scheißwut in der Welt. Und zurecht, Amen und Prost, der Letzte macht das Licht aus.

So spricht Zeha Schmidtke, Kunstzwerk unter Kleinkunzen, friedvoller Universaldiot inmitten all der dekorativen Pfiffigkeit. Er meint es ernst, muss dabei aber immer lachen.

Zwar ist das Theater O-TonArt nur dreieinhalb Katzensprünge (mittelgroßes Tier) entfernt, aber Du könntest ja vorher noch lecker Kuchen essen in meinem Lieblingscafé Finovo auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchplatz (S-Bahnstation Yorckstraße), ebenda die bunten Ruhestätten der Sternenkinder besuchen, den Ehepaaren Grimm ein Hallo und Danke für das Märchensammeln entbieten und denn einfach wieder zum Haupttor links raus und der nächsten Kreuzung rechts in die Kulmer Str 20a, Hinterhof, schlendern.

Aber nicht zuuu lässig: Wir fangen schon um 19.30 Uhr an. Und Du willst ja vorher vielleicht noch mit Muße ein Sektchen und Dich am liebevollen Interieur des Theaters erfreuen. Ach, ich freu mich.