Der solidarische Montagsgruß geht heute an den Dienstleister Lutz Fiebig in Magdeburg. Er weiß (noch) nichts davon; ich erhalte nichts für seine Erwähnung.
Mein Füllfederhalter war mir vom Tische gerollt, Schwerkraft und Boden bogen die Feder in eine neue, dem Schreiben deutlich weniger zuträgliche Form. Herr Fiebig nun repariert solcherart lädiertes Schreibzeug – für ein Geld, dass ihn daran nicht reich werden lässt.
Ihm – stellvertretend für meine Schneiderin, meinen Schuster und die anderen – danke ich für die Chance, Gebrauchtes, Liebgewonnenes nicht gleich bei jedem Nutzmalheur wegwerfen zu müssen, wie es der böse Kapitalismus mit all seiner selenlosen Gebrauchsplaste gerne hätte. Pfui, böser Gebrauchtskapitalismus! Hurra, gute Menschen wie Herr Fiebig!

Und ist es nicht genau das? Ein Platz in seinem vertrauten Kiez…

…sich dort den Mietbeton ein wenig bunt gestalten…

…dann wen finden, der einem ähnlich ist und den man gut riechen kann…

…oder wenigstens überhaupt mal wen…

…und schon möchte man alt werden hier.

Unser heutiger solidarischer Montagsgruße geht an Roland Baisch und seine Preisverleihung „DER GOLDENE ROLAND.“ Verliehen wird der Goldene Roland am Sonntag, dem 20.11.2016 im Theaterhaus Stuttgart.
Aus der Vorankündigung: „Jurypräsident Roland Baisch und eine unabhängige Jury, die wiederum aus dem Jurypräsidenten Roland Baisch besteht, bieten eine Alternative zu den vielen Preisen die Preisträger nach undurchsichtigen Kriterien auswählen. Der „Goldene Roland“ nimmt keinerlei Rücksicht auf kommerzielle Erfolge, sondern besticht durch absolute Subjektivität.“
Das finde ich ganz wunderbar. Ich geh und fahre hin, womöglich. Sagt, wenn wer mit will.
Bis dahin schwelge ich in Nostalgie und erinnere mich an die Berliner Freuden-Fistel, den wichtigsten Kleinkunstpreis der Welt und drüberweg.
Wir Zweibeiner haben ihn uns 2012 im Too Dark in Kreuzberg selbst verliehen. Moderator war der unvergleichliche Horst Blue, unter den Festrednern fanden sich illustre Gestalten wie Herr Reinhold Steinle, die sonore Siegerfilmstimme stammte vom wunderbaren Jens Tippenhauer, filmisch gewürdigt das Ganze durch das romantische Editorengenie Kai Kniepkamp.

Die Grundidee ist zeitlos schön:

Die Berliner Freuden-Fistel geht bei seiner Premiere an das beste Komikerduo, wo noch nicht tot ist und die Jury kennt:
An Anja Schöler & Christoph Schmidtke, die ZweiBeiner.
Die Jury des Humorzentrums, zusammengesetzt aus den besten Fachleuten aller Zeiten, war dabei in ihrem Urteil vollkommen unabhängig:

Unabhängig von den Leistungen der anderen stand von vornherein fest, dass die ZweiBeiner gewinnen.
Denn dieser Preis ist nicht nur der fetteste des ganzen Universums, sondern soll zugleich auch der letzte auf der länger und länger und immer länger werdenden Liste an Wettbewerben sein. Es gibt nur einen Weg, diese Inflation zu stoppen: Indem man sie bis zum Geht-Nicht-Mehr beschleunigt. Jedem Kleinkünstler sein Pokal! Erst wenn wir alle einen haben, hat die liebe Seele Ruh.

Darum gewinn auch Du die Berliner Freuden-Fistel! Wenn wir, dann auch Ihr! Bewirb Dich – und Du bekommst ihn!

Uns fehlten damals Kraft und Unterstützung, um daraus eine regelmäßige Institution zu machen. Womöglich kommt das noch. Es macht – vollkommen ironiefrei –  großen Spaß, zu sehen, dass sich auch andere um den Preisverfall bemühen.

Und hier das Interview von damals – so frisch, als wäre es von morgen: